Eine kurze Geschichte der Architektur an der TU Graz

Lehrkanzeln / Institute und Professoren

Den Beginn des Architekturunterrichts an der TU Graz markiert die Einrichtung der Lehrkanzel für Baukunde am Joanneum 1846, die im folgenden Jahr mit Moritz Wappler, bis dahin Professor des Zeichnungs-Unterrichtes an der Ständischen Realschule, besetzt wurde. Unterrichtsgegenstand war zunächst die Land-, Straßen- und Wasserbaukunde in einem einjährigen Vorlesungsprogramm, das 1853 auf zwei Jahreskurse aufgeteilt wurde.

Im Zug der Einrichtung von Fachschulen (heute Fakultäten) um 1865 kam es zu einer ersten Erweiterung bzw. Neuorganisation: Zur Betreuung des zu dieser Zeit an der „Ingenieurschule“ neu eingerichteten Studiums des „Ingenieurwesens“ dienten nun insgesamt drei Lehrkanzeln:

  • die Lehrkanzel für Ingenieurwissenschaften 1 (ab 1872 Lehrkanzel für Brückenbau) mit Prof. Adolf von Gabriely
  • die Lehrkanzel für Ingenieurwissenschaften 2 (ab 1875 Lehrkanzel für Straßen- und Eisenbahnbau) mit Prof. Karl Scheidtenberger
  • und die Lehrkanzel für Hochbau mit Prof. August Essenwein (ab 1866 Josef Horky, ab 1875 Johann Wist).

Hinzu kamen als speziell Architektur-bezogene Lehrkanzeln

  • 1871 die Lehrkanzel für Freihandzeichnen mit Prof. Heinrich Bank
  • und 1888 die Lehrkanzel für Hochbau II mit Professor Wilhelm von Löw

sowie als speziell Bau-bezogene Lehrkanzeln

  • 1875 die Lehrkanzel für Baumechanik und graphische Statik mit Prof. Karl Stelzel
  • 1876 eine nun selbständige Lehrkanzel für Wasserbau mit Prof. Wilhelm Heyne

Daneben gehörten folgende Grundlagenfächer zur „Ingenieurschule“:

  • die Lehrkanzel für Mathematik I
  • die Lehrkanzel für Praktische Geometrie

Um 1890 erfolgte die Abspaltung der Hochbauschule (heute Fakultät für Architektur) und die damit verbundene Trennung des Ingenieurstudiums in ein Bau-Ingenieurstudium und ein gesondertes Hochbau- (= Architektur) -Studium. Diese Trennung der Studien ist seit damals ununterbrochen aufrecht, die organisatorische Trennung der Fakultäten wurde zwischen 1941 und 1945 sowie zwischen 1955 und 1975 nochmals rückgängig gemacht.

In der ersten Zeit der Trennung der beiden Schulen bestand noch eine gewisse begriffliche Unsicherheit: Der jährliche Studienführer unterscheidet zunächst die (alte) Ingenieurschule und die (neu abgetrennte) Bauschule, im folgenden Jahr aber die Ingenieurbauschule und die Hochbauschule, bis ab ca. 1900 die Begriffe Bauingenieurschule (statt Ingenieurbauschule) und Hochbau-(Architektur-)Schule dauerhaft etabliert werden.

Die neue Fachschule startete 1890 mit den drei Lehrkanzeln für Hochbau, Hochbau II und Freihandzeichnen. Letztere wurde 1906 umbenannt in Lehrkanzel für Technisches Zeichnen und Freihandzeichnen (zunächst 1907 mit Prof. Leopold Theyer, dann ab 1914 mit Leopold Cerny besetzt).

Unmittelbar vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs kam es zu einem ersten Ausbau durch Teilung der Lehrkanzel für Hochbau in:

  • eine Lehrkanzel für Baumaterialienkunde, Hochbau und Entwerfen mit Prof. Franz Drobny (ab 1914, gefolgt ab 1926 von Friedrich Jaeckel), 1937 umbenannt in Lehrkanzel für Hochbau und Baustofflehre
  • und eine Lehrkanzel für Hochbaukunde und Eisenbetonhochbau mit Prof. Leopold Theyer (ab 1913), 1922 umbenannt in Lehrkanzel für Gebäudelehre mit Prof. Karl Hoffmann

Seit 1925 unterrichtete Prof. Friedrich Zotter als Nachfolger von Wilhelm Löw an der Lehrkanzel für Hochbau II.

1926 erfolgte die Umbenennung der Lehrkanzel für Technisches Zeichnen und Freihandzeichnen in Lehrkanzel für Raumkunst mit Prof. Julius Schulte, gefolgt ab 1931 von Wunibald Deininger.

In den 1920er Jahren erfolgte auch eine Neugestaltung des Studienplanes. 1923 wurde als vertiefte Ausbildung nach dem Studium die Meisterschule für Architektur eingerichtet. Ab 1928 durften die Fachschulen in Angleichung an die Begrifflichkeit an den Universitäten den Namen „Fakultät“ tragen – damit wurde der Name „Fakultät für Architektur“ üblich.

Zu ihrem vorläufigen Ende kam es 1940/41 durch Zusammenlegung mit dem Bauingenieur-Bereich zu einer gemeinsamen Fakultät für Bauwesen. In den Jahren 1940 bis 1945 wurden die 4 Architektur-Lehrkanzeln, die zu dieser Zeit nach deutschem Hochschulrecht eigentlich Lehrstühle hießen, wie folgt umbenannt:

  • die Lehrkanzel für Hochbau II in Lehrstuhl für Baugeschichte bzw. Baugeschichte und Entwerfen, nach 1945 Lehrkanzel für Baukunst und Entwerfen (personell durchgängig besetzt mit Prof. Friedrich Zotter)
  • die Lehrkanzel für Gebäudelehre in Lehrstuhl bzw. Lehrkanzel für Städtebau und Entwerfen (personell durchgängig besetzt mit Prof. Karl Hoffmann)
  • die Lehrkanzel für Hochbau und Baustofflehre in Lehrstuhl bzw. Lehrkanzel für Gebäudelehre und Entwerfen (bis 1943 Prof. Friedrich Jäckel, später Karl Raimund Lorenz)
  • die Lehrkanzel für Raumkunst in Lehrstuhl für Hochbau und Raumgestaltung bzw. Baugestaltung und Entwerfen, nach 1945 Lehrkanzel für Hochbau und Entwerfen (bis 1945 Prof. Wunibald Deininger, später Rolf Eugen Heger)

1945 wurde die selbständige „Fakultät für Architektur“ wieder errichtet, allerdings zwischen 1955 und 1975 nochmals mit dem Bauingenieur-Bereich zu einer gemeinsamen „Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur“ zusammengefasst. Es bestanden zunächst folgende vier Lehrkanzeln (ab 1975 Institute):

  • Lehrkanzel für Baukunst und Entwerfen (bis 1961 Friedrich Zotter, 1964 Ferdinand Schuster, 1975 Anatol Ginelli bis 1996), 1981 Institut für Baukunst (1997 Pierre Alain Croset), 2004 Institut für Architekturtheorie und Baukunst (Ullrich Schwarz), 2007 Institut für Stadt- und Baugeschichte (Simone Hain, 2016 Stefan Peters), 2019 Institut für Entwerfen im Bestand und Denkmalpflege (seit 2021 Matthias Castorph)
  • Lehrkanzel für Städtebau und Entwerden (bis 1957 Karl Hoffmann, 1959 Hubert Hoffmann, 1975 Peter Breitling bis 1993), 1981 Institut für Städtebau, Umweltgestaltung und Denkmalpflege (1996 Hansjörg Tschom bis 2003), 1997 Institut für Städtebau und Umweltgestaltung, seit 2004 Institut für Städtebau (1997 Jean Marie Corneille Meuwissen bis 2016, 2004 bis 2007 auch Ernst Hubeli, 2016 Aglaee Degros)
  • Lehrkanzel für Gebäudelehre und Entwerfen (bis 1979 Karl Raimund Lorenz), 1981 Institut für Gebäudelehre und Wohnbau (1980 Günther Domenig, 2001 Hrvoje Njiric bis 2006), seit 2004 Institut für Gebäudelehre (2005 Andreas Hild, seit 2007 Hans Gangoly)
  • Lehrkanzel für Hochbau und Entwerfen (1947 Rolf Eugen Heger, 1957 Günther Gottwald, 1974 Werner Hollomey bis 1997), 1981 Institut für Hochbau für Architekten, seit 2004 Institut für Architekturtechnologie (seit 2002 Roger Riewe)

In den letzten 63 Jahren wurden zusätzlich folgende Lehrkanzeln (ab 1975 Institute) neu eingerichtet:

  • 1959 eine Lehrkanzel für Raumkunst und Entwerfen (1961 Karl Augustinus Bieber, 1974 Josef Klose bis 1997), seit 1981 als Institut für Raumgestaltung (1999 Irmgard Frank, 2018 Hans Gangoly, 2020 Alexander Lehnerer)
  • 1967 eine Lehrkanzel für Kunstgeschichte (Sokratis Dimitriou, 1991 Karin Wilhelm, 2003 Susanne Hauser bis 2005), 2004 Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften (2006 Simone Hain), seit 2007 Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften (Ullrich Schwarz, seit 2010 Anselm Wagner)
  • 1967 eine Lehrkanzel für Tragwerkslehre für Architekten (Friedrich Resinger, 1975 Harald Egger), 1977 Institut für Tragwerkslehre (Harald Egger bis 2000, 2005 Evelin Rottke), seit 2007 Institut für Tragwerksentwurf (Harald Kloft bis 2008, seit 2010 Stefan Peters, seit 2022 auch Alexander Passer)
  • 1970 eine Lehrkanzel für Landwirtschaftliches Bau- und ländliches Siedlungswesen (Hinrich Bielenberg, 1980 Franz Riepl), 2000 Institut für Regionales Bauwesen (Daniele Marques), seit 2004 Institut für Architektur und Landschaft (zunächst Daniele Marques, 2005 Hans Gangoly, seit 2006 Klaus Loenhart)
  • 1975 ein Institut für Künstlerische Gestaltung (Giselbert Hoke bis 1995, 1987 bis 1992 auch Rudolf Kedl, seit 1995 Hans Kupelwieser), seit 2004 Institut für Zeitgenössische Kunst (2014 Milica Tomic)
  • 2004 ein Institut für Architektur und Medien (Urs Leonhard Hirschberg)
  • 2004 ein Institut für Gebäude und Energie (Brian Cody)
  • 2004 ein Institut für Wohnbau (Hansjörg Tschom, 2011 Andreas Lichtblau)
  • 2013 ein Institut für Grundlagen der Konstruktion und des Entwerfens (Petra Petersson)


Das Studium

Mit der Gründung der Ingenieurschule 1865 wurde das „Ingenieurstudium“ eingeführt. Dieses konnte ab 1878 mit einer staatlich anerkannten Prüfung, der sogenannten „2.Staatsprüfung“ abgeschlossen werden, die seit den Reformen in den 1970er Jahren „2. Diplomprüfung“ hieß. Das so entstandene „Diplomstudium Architektur“ wurde von 1890 bis zu seinem Ende 2014 von insgesamt über 5.000 Personen abgeschlossen. Es ist damit an der TH / TU Graz das Studium mit der größten Zahl an Abschlüssen. Die Kennzahl für dieses Studium lautete ab 1972 „F60“, dann ab 1980 „600“.

In den 1970er Jahren war dieses Studium in Wahlfachgruppen bzw. Studienzweige gegliedert:

  • Allgemeine Architektur (1974 bis 1980 als Wahlfachgruppe 1)
  • Design betontes Hauptstudium (1972 bis 1980 als 030)
  • Innenraumgestaltung (1974 bis 1980 als Wahlfachgruppe 4)
  • Konstruktion (1974 bis 1980 als Wahlfachgruppe 2)
  • Konstruktiv betontes Hauptstudium (1972 bis 1980 als 010)
  • Normales Hauptstudium (1972 bis 1980 als 000)
  • Städtebau (1974 bis 1980 als Wahlfachgruppe 3)
  • Urbanistisch betontes Hauptstudium (1972 bis 1980 als 020)

2008 begann die Umstellung auf das neue Bachelor-Master-System mit folgenden Studien:

  • Bachelorstudium Architektur („033 243“)
  • Masterstudium Architektur („066 443“, ab 2009)